Geliebtes Bruderherz,
nun hast du mich 62 Jahre begleitet. Nach unserer Kinder- und Jugendzeit waren wir in manchen Lebensphase enger, in manchen weniger eng beieinander. Doch immer so nah, dass ich all deine Stationen miterlebt habe: Siegen, Bielefeld, die Mühle eins, die Mühle zwei, Marl. Ich habe deine Partnerinnen kennengelernt, viele tolle Menschen aus deinen Freundeskreisen, deine neue Familie in Marl und natürlich deine Lebensliebe, meine wunderbare Schwägerin Kristin. Bei euren beiden Weltreisen hatte ich durch die digitalen Tagebücher schon fast das Gefühl, selbst mitzureisen.
Wir haben häufig über unser schwieriges Elternhaus geredet. Auch zwischen uns war es nicht immer einfach. Nach einer Auseinandersetzung in Portugal hatte ich mich einige Wochen zurückgezogen. Du hast mich schließlich angerufen, mit einem schlichten Satz alles geklärt und mir dabei aus der Seele gesprochen: „Wenn ich nicht weiß, ob es dir gut geht, geht es mir auch nicht gut.“
Dann die grauenhafte Diagnose im vergangenen Jahr. Du hast befürchtet, dass sich dein Umfeld zurückziehen könnte. Es kam ganz anders: ihr hattet unglaublich viel Besuch und Unterstützung, von Family and Friends, aus der alten und neuen Heimat und dem Rest der Republik. Treffen mit meist fröhlichen Situationen, viel Spaß und herzhaftem Lachen, aber auch ernsten Gesprächen um deine Krankheit und den nahenden Tod. Manchmal war es gar nicht so leicht, überhaupt einen Termin bei euch zu ergattern.
Deine Mitmenschen waren supergern mit und bei dir, du mit ihnen. Du hattest bereichernde Begegnungen, intensive Erlebnisse, zauberhafte Momente in deinem Leben. Davon zeugen auch die Beiträge auf deiner Gedenkseite. Ein schöner, tröstender Gedanke.
Dennoch: Du wärst gern länger geblieben, wir hätten dich gern viel länger bei uns gehabt. Du fehlst ganz einfach, mein warmherziger humorvoller tapferer großer Bruder. In Liebe, Bärbel